Künstlerin-Statement
In meiner künstlerischen Arbeit beschäftige ich mich mit der mir unmittelbar zugänglichen Umgebung. Ich erkunde das Verhältnis zwischen äußeren Materialien und inneren Wahrnehmungen.
Dabei fokussiere ich mich auf Alltagsgegenstände und Fundstücke wie Einkaufslisten, Werkzeuge aus dem Atelier, diverse Reste und Überbleibsel sowie obsoletes oder nutzlos gewordenes Material wie antiquiertes Münzgeld.
Ich bearbeite dieses Ausgangsmaterial durch Abstraktionen, Zergliederungen, bei denen Teile größerer Objekte isoliert werden, durch Gegenüberstellungen, Zuschnitte und Montagen. So verwandle ich es in Zeichnungen und kleine plastische Arbeiten.
Durch diese künstlerische Transformation verschiebt sich die Wahrnehmung allmählich. Das Reale verändert etwa durch eine Vergrößerung oder die Betonung eines Schattens seine Form und gleitet ins scheinbar Abstrakte. Das Alltägliche erscheint in einem neuen, rätselhaften Licht.
Neben diesen Materialien, die ich auswähle und sammle, integriere ich Aspekte innerer Vorgänge, die mit Körper und Wahrnehmung verbunden sind. Dazu zählt eine Vielzahl von Phänomenen – von Empfindungen von Raum und Zeit über Gedankengänge und emotionale Regungen bis hin zu identitätsstiftenden Körperbildern.
Einerseits arbeite ich experimentell, um diese schwer fassbaren Vorgänge in eine künstlerische Form zu überführen. Durch das Zeichnen sowie das Notieren flüchtiger Gedanken versuche ich, im Moment das einzufangen, was sich stets entzieht: den unaufhörlichen Fluss leiblicher Empfindungen – Spannungen, Schmerzen, Druck, Taubheit – und mentaler Bewegungen.
Andererseits inszeniere ich in Bildern sowie in figurativen Skulpturen aus Textil, Papier oder Ton – im Wechselspiel von Intuition und Komposition – innere, dynamische Dimensionen wie Erinnerungen, Eindrücke von Begegnungen, Träume und imaginative Vorstellungen.
Die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Möglichkeiten des Materials dient mir dabei auch zur Erforschung widerstreitender Tendenzen innerer Zustände. Diese beeinflussen die ursprüngliche Ideenskizze und bringen spezifische emotionale Tönungen ein.
Das geformte Material trägt so Spuren dieser subjektiven Prozesse – Spuren, die im Resonanzraum der Betrachtenden weiterwirken und neue Assoziationen ermöglichen.
So verschieden sie in ihrem Ausdruck auch erscheinen mögen, loten meine Arbeiten immer wieder neue Konstellationen, Zusammenhänge und Spannungsverhältnisse aus – zwischen unmittelbarer Nähe im körperlichen Erleben und kritischer Distanz durch Blick, Beobachtung und Darstellung, zwischen Auge und Hand.
Dabei erkunde ich das Ausdruckspotenzial dieser untrennbar verbundenen Facetten subjektiver Wirklichkeit in einem Prozess, der die fortwährende Veränderung von Identität und Selbst sichtbar macht.
Stéphanie Mohnhaupt
Proof (Detail) Ι 2023
Foto, Materialcollage,selbstklebende Folie
ca. 30×15 cm
Tränen brennen (Detail) Ι 2023
Körpertagebuch, Bleistift-Übertragung auf Transparentpapier
33×60 cm
Du nicht niemals Ι 2023
Textil, Holz
je Figur: 30x20x10 cm